Na, wer hat sich schon in der Ölmalerei ausprobiert? Ölfarben sind allerdings nicht für jeden etwas – aufgrund der langen Trocknungszeit muss man geduldig sein und kann nicht so mal eben ein schnelles Kunstwerk fertigen. Doch gerade diese feuchte, geschmeidige Konsistenz kann auch ein Vorteil sein, um zum Beispiel verschiedene Techniken auszuprobieren oder nachträglich Korrekturen vorzunehmen. Was du daher alles über das Medium und seine Hilfsmittel wissen solltest und wie du beim Malen mit Ölfarben überhaupt vorgehst, erkläre ich dir in diesem Beitrag.
Meister, Materialien & Malzubehör
Welches Gemälde kommt dir als erstes in den Sinn, wenn du an Ölmalerei denkst? Bestimmt die „Mona Lisa“ von Leonardo Da Vinci – eines der bekanntesten Ölgemälde aller Zeiten, ausgestellt im Pariser Louvre. Es gibt viele Interpretationsansätze über dieses Kunstwerk aus dem 16. Jahrhundert. Und alleine, dass das Gemälde mit seiner Farbenintensität schon über 500 Jahre überdauert, zeigt uns, wie langlebig Ölfarben sind. Wer aber an Vermeers „Mädchen mit dem Perlenohrgehänge“ (17. Jahrhundert) denkt oder an Vincent Van Goghs „Sternennacht“ (19. Jahrhundert), liegt auch hier absolut richtig. Alleine diese drei Künstler mit ihren faszinierenden und doch unterschiedlichen Ölgemälden, machen deutlich, dass Werke der Ölmalerei hochkarätige Meisterstücke sind.
Verdünnen, verbinden, verewigen
Wie der Name schon vermuten lässt, besteht die Ölfarbe aus Farbpigmenten und öligen Bindemitteln pflanzlichen Ursprungs, meistens aus gepresstem Leinöl (aus der Flachspflanze gewonnen). Gibst du deinen Ölfarben noch zusätzliche Öle hinzu (bitte keine Tierischen), wird die schon geschmeidige und pastöse Konsistenz noch cremiger. Dieses Bindemittel sorgt für eine äußerst lange Trocknungsphase im Vergleich zu Gouache, Acryl- oder Aquarellfarben. Schon eine dünne Schicht benötigt mehrere Tage zur Durchtrocknung und kann je nach Schichtdicke sogar bis hin zu Wochen oder gar Jahren dauern.
Mit diesen einzelnen Pigmenten und pflanzlichen Ölen kannst du sogar deine eigenen Ölfarben anreiben. Verwendest du dafür zum Beispiel gebleichtes Mohnöl, kannst du helle oder gar weiße Ölfarben herstellen. Im Vergleich zu Leinöl trocknet dies allerdings noch langsamer und heller auf.
Ob als Reinigungs- oder Verdünnungsmittel: mit Terpentinöl oder geruchlosen Diluent reinigst du nicht nur deine Pinsel, sondern kannst auch Ölfarben verdünnen und die Trocknung beschleunigen, erhältst dann allerdings eine matte Oberfläche. Auch das Medium W von Schmincke ist ein alternatives Hilfsmittel zu Terpentin, mit dem du deine Farben verdünnen kannst und den Glanz sowie die Transparenz steigerst.
Für eilige Künstlerinnen und Künstler gibt es ebenfalls Hilfsmittel: Das Rapid Medium mischt du deinen Ölfarben bei, damit es den Trocknungsprozess beschleunigt und schon beim Farbauftrag die Geschmeidigkeit und Transparenz erhöht – daher ist es besonders für lasierende Flächen, aber auch für die Nass-in-Nass-Technik geeignet.
Um dein fertiges Ölbild vor äußeren Einflüssen zu schützen, solltest du es im Anschluss mit einer Firnis versiegeln. Dies ist ein transparentes Bindemittel, das bei deinem Ölgemälde für einen schimmernden und vor allem beständigen Schutzfilm sorgt. Da wir ja gelernt haben, dass ein Ölbild mehrere Wochen oder sogar Monate trocknen muss, sollte die Firnis erst nach acht bis zwölf Monaten aufgetragen werden. Im Sortiment hast du die Auswahl aus glänzenden oder matten Firnissen, in flüssiger Form oder als Spray.
Verschiedene Pinselarten
Auch bei den Pinseln kannst du wählen: Hier hast du die Wahl aus synthetischen Fasern oder Naturprodukten wie zum Beispiel Rinderhaaren. Bei all diesen Werkzeugen ist die Aluminiumzwinge rostfrei. Den Flachpinsel verwendest du idealerweise für großflächige Aufträge. Diesen gibt es – wie die Rundpinsel auch – in verschiedenen Größen sowie mit festen oder weichen Härchen. Den Fächerpinsel speziell für Ölfarben verwendest du zum Erstellen von Effekten wie Gräser, Blätter oder Wellen. Mit dem angeschrägtem Ölpinsel gelingen dir saubere und exakte Linien und Kanten.
Techniken zum Malen mit Ölfarben
Nun aber genug in der Theorie, die Praxis bzw. die Übung macht den Meister! Die Ölmalerei kommt besonders gut auf Leinwänden zur Geltung. Dieser Untergrund sollte vorab am besten mit einem Grundierweiß vollständig bearbeitet werden, um Flecken, Unebenheiten oder Kratzer zu überdecken und zu verhindern, dass den Ölfarben die wichtigen Bindemittel entzogen werden. Denke daran, dass du hier auch noch eine Trocknungszeit von ein bis drei Stunden einrechnen musst.
Grundtechnik: „fett auf mager“!
Die fertig gemischten Ölfarben findest du in einer lichtundurchlässigen Tube. Der Farbauftrag „fett auf mager“ sollte durchgehend beim Malen mit Ölfarben Beachtung finden. Dass bedeutet, du fängst mit der „reinen“ Ölfarbe an, ohne zusätzliche „fette“ Öle hinzuzufügen, diese verwendest du in den nächsten Schichten. Für die erste, magere Schicht kannst du trotzdem Hilfsmedien wie Terpentinöl verwenden, was deine Farbe verdünnt.
Auf einer Palette hast du die Möglichkeit deine Farben beliebig miteinander zu vermischen – da die reine Ölfarbe an sich schon eine lange Trocknungsphase hat, kannst du dir mit deinem Malprozess generell Zeit lassen. Wenn du vorab eine Skizze auf deine Leinwand übertragen willst, verwende dafür am besten Kohle, die dann aber fixiert werden muss.
Königsklasse, Prima Vera: die Primamalerei!
„Alla Prima“ (ital. „aufs Erste“) bedeutet, innerhalb einer Malsitzung das gesamte Werk entstehen zu lassen – und ist die Königsdisziplin der Künstlerinnen und Künstler. Ein nachträgliches Korrigieren und Übermalen ist hier nicht vorgesehen – weshalb meistens sogar nur eine einzige Schicht gemalt wird. Hier solltest du vorab schon eine genaue Vorstellung deines fertigen Bildes haben – kleine Details dürfen aber noch nachträglich ausgearbeitet werden.
Es wird feucht: Nass-in-Nass-Technik
Diese Technik kennst du bereits aus der Aquarellmalerei – hier wird die Farbe auf feuchtem Untergrund aufgetragen. Bei der Ölmalerei bedeutet das aber, dass auf einer nächsten, feuchten Farbschicht weitergearbeitet wird. Auf dem Bild vermischen sich dann die Farbschichten, sodass schöne Farbübergänge und verschwommene Kanten entstehen. Du musst hier keine Trocknungszeiten beachten, sondern kannst jederzeit deinen Malprozess weiterführen.
Unverdünnt und dick auftragen: Die Impasto-Technik
Bei der Impasto-Technik verwendest du die Farben direkt aus der Tube – dick und unverdünnt (ohne zusätzliche Hilfsmittel). Dabei siehst du vor allem die Pinselstrukturen, die beim Vermalen der pastosen Farbe entstehen. Dies ist bei dieser Technik aber ein gewünschter plastischer Effekt und erzeugt eine ausdrucksstarke Bildtiefe. Mit dem Borstenpinsel werden diese Strukturen zum Beispiel noch deutlicher. Am besten mischst du deine Farben direkt auf dem Malgrund.
Transparent und verdünnt: Die Lasurtechnik
Auch die Lasurtechnik kommt dir eventuell aus der Aquarellmalerei bekannt vor: Es handelt sich um stark verdünnte Farbschichten, die transparent übereinander gemalt werden. Damit die Ölfarben diese Eigenschaft überhaupt annehmen können, mischst du auf einer Palette die Farben zum Beispiel mit Terpentinöl an. Beachte hier aber die goldene Regel „fett auf mager“ und warte, bis eine Schicht weitestgehend getrocknet ist. Daher benötigt man eines ganz besonders bei dieser Technik: Geduld! Helle Stellen im Bild können auch hier ganz ausgespart werden – das erzeugt eine Transparenz und Tiefe.
Zusätzlich strukturiert: Struktur und Pasten
Vielleicht kennst du schon verschiedene Strukturpasten, die mal grob- oder feinkörnig sind. Vielleicht kennst du schon verschiedene Strukturpasten, die mal grob- oder feinkörnig sind. Sie lassen sich nicht direkt mit der Ölfarbe vermischen, können aber anschließend über die getrocknete Schicht gemalt werden.
Jetzt wird gemischt: Mischtechniken
Du kannst auch andere Farbarten mit der Ölfarbe kombinieren, aber es gibt Grenzen: Mit Ölfarben kann auf Acrylfarben gemalt werden, aber niemals anders herum. Oft wird die Acrylmalerei als Untermalung verwendet, denn hier haftet die Ölfarbe besonders gut. Das Gleiche gilt für die Aquarellmalerei. Dank der schnellen Trocknung hast du damit die erste Schicht entworfen, besonders geeignet für eine lasierende Schicht.
Weiteres Material, das verwendet werden kann: Kohle, Ölkreiden, Bunt- und Bleistifte. Die Zeichnungen können mit dem Firnis-Spray fixiert werden.
Generell solltest du beim Malen mit Ölfarben für gute Lichtverhältnisse und eine durchgängige Belüftung sorgen. Bei der Ölmalerei geht es also vor allem darum, sich mit den Farben und den ganzen Malmedien auseinanderzusetzen und diese einfach auszuprobieren. Doch eines musst du stets mit diesen besonderen Farben bewahren: die Geduld!
Viel Spaß beim Ausprobieren der Ölmalerei wünscht
Rani